§25b Aufenthaltsgesetz

Bleiberecht ­für ­Erwachsene.

Im Juli 2015 wurde mit dem „Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ eine neue altersunabhängige Bleiberechtsregelung eingeführt. Hierbei handelt es sich um eine Anwendung, die stichtagsfrei gilt, d.h. die nicht mehr wie früher von der Einreise vor einem bestimmten Datum abhängt. Gesetzlich verankert ist die Regelung in §25b AufenthG.

Analog zur Bleiberechtsregelung für gut integrierte Jugendliche und junge Erwachsene (§25a AufenthG) zielt der Gesetzgeber mit dieser Regelung darauf ab, einen Anreiz für eine sogenannt „nachhaltige Integration“ von Erwachsenen zu schaffen: Am Ende einer Reihe von Bedingungen, die es zu erfüllen gilt, wird eine Aufenthaltserlaubnis und darüber ein Bleiberecht in Aussicht gestellt. Damit wurde – wenigstens im Ansatz – endlich in Gesetzesform festgeschrieben, was selbstorganisierte Geflüchtete und ein breites Spektrum weiterer zivilgesellschaftlicher Akteurinnen und Akteure schon lange gefordert haben: Wer bereits vor Jahren in Deutschland angekommen ist und hier lebt, soll ein Bleiberecht erhalten!

Es sind aber zahlreiche Anforderungen, die erfüllt sein müssen, bis die Ausländerbehörden tatsächlich von einer „nachhaltigen Integration“ ausgehen. So muss man sich zum Beispiel bereits seit mindestens 8 Jahren (bzw. mit minderjährigen Kindern seit 6 Jahren) in Deutschland aufhalten, seinen Lebensunterhalt überwiegend selbst sichern können oder eine Lebensunterhaltssicherung zumindest in Aussicht haben („positive Prognose“). Außerdem muss man mündliche Deutschkenntnisse auf dem Niveau von A2 vorweisen können und mehr. Auch die Ehegatten, Lebenspartner und minderjährige ledige Kinder können eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, wenn sie als Familie zusammenleben und ihre Integrationsprognose als positiv gewertet wird.

Es gibt verschiedene Hilfestellungen, in denen diese ganzen Voraussetzungen zusammengefasst und auch näher erklärt werden.

Leider erteilen die Behörden eine Aufenthaltserlaubnis nach dieser Bleiberechtsregelung bisher nur sehr zurückhaltend und die Ermessensspielräume werden nur selten genutzt. Die ursprüngliche politische Absicht, Kettenduldungen abzuschaffen, läuft durch diese gängige Behördenpraxis vielfach so gut wie ins Leere. Nicht selten kann hier bestehendes Recht nur auf dem Klageweg erreicht werden. Aber auch der politische Wille für eine ernstgemeinte ‚Bleiberecht-Kultur‘ fehlt oftmals.

Die nicht ganz geringen Anforderungen für ein Bleiberecht nach §25b AufenthG sollen keinesfalls entmutigen – aber gut informiert zu sein und eine gute Beratung ist wichtig.

Sedu Barry führt in seinem Youtube-Video zum § 25b ein und erklärt, was es braucht, um darüber einen Aufenthaltstitel zu erhalten und sich somit eine Bleibeperspektive zu eröffnen. (6:32 Min. | Oktober, 2020)

Materialien & Links:

Einführende Informationen

  • Wer erhält ein Bleiberecht nach § 25b AufenthG? Informationen für langjährig Geduldete. Info-Broschüre (12 Seiten). Flüchtlingsrat Baden-Württemberg & Werkstatt PARITÄT gGmbH, akt. Aufl. Septemer 2020.
    Die kleine Broschüre ist für Menschen geschrieben worden, die schon seit mehreren  mit einer Duldung in Deutschland leben müssen und erklärt, unter welchen Voraussetzungen man eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG erhalten kann. Übersichtlich und in einfach Sätzen werden beschrieben, was sich hinter den wichtigsten Anforderungen verbirgt und wie man ihnen nachkommen kann. Auch wenn der Blick auf die konkrete Situation in Baden-Württemberg gerichtet ist, bietet sie auch für Menschen, die in anderen Bundesländern leben und gemeldet sind, einen guten niedrigschwelligen Einstieg in die Thematik
  • Bleiberecht nach langjähriger Duldung, § 25b AufenthG. Kurztext im Ratgeber für Geflüchtete in Berlin (S. 60-61 | 2 Seiten). Georg Classen / Flüchtlingsrat Berlin, 2. Aufl., November 2017.
    Die zweiseitige Text gibt eine kurze Einführung zur Möglichkeit des Bleiberechts über den § 25b. Er zeigt knapp und bündig auf, was es dabei im Wesentlichen zu beachten gilt und geht kurz (kritisch) auf die konkrete Situation in Berlin ein.

    Vertiefende Informationen für die Beratung

    • Wege ins Bleiberecht. Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration. Arbeitshilfe (53 Seiten). Flüchtlingsrat Niedersachsen Projekt WIB, März 2020.
      In Anbetracht der stetigen politischen und rechtlichen Verschärfungen will die Broschüre auf die geltende Gesetzeslage hinweisen und eine wohlwollende und die Möglichkeiten ausschöpfende Umsetzung der gesetzlichen Regelungen erreichen. In diesem Sinne will die Arbeitshilfe über die Rechte bei nachhaltiger Integration aufklären und so menschenwürdige Bleibeperspektiven und konkrete Wege zum Bleiberecht aufzeigen.
    • Die Bleiberechtsregelungen gemäß §§ 25a und b des Aufenthaltsgesetzes und ihre Anwendung. Eine Arbeitshilfe für Beraterinnen und Berater (39 Seiten). Paritätischer Gesamtverband, November 2017.
      Ausgangspunkt dieser Fachbroschüre ist die generelle Kritik an der immer noch viel zu geringen Zahl der Menschen, die über die beiden Bleiberechtsregelungen, die die  §§ 25a und b des Aufenthaltsgesetztes theoretisch ermöglichen, auch tatsächlich einen Aufenthaltstitel erhalten. Die Herausgeber*innen der Publikation setzen sich seit langem für eine konkrete Handhabung der Bleiberechtsregelung ein, welche sich an einer positiven Auslegung der Ermessensspielräume orientiert und Menschen, die schon lange in Deutschland wohnen, nach Möglichkeit eine Bleibeperspektive eröffnen. Der komplette zweite Teil der Broschüre widmet sich der Umsetzungspraxis des § 25b und richtet sich vor allem an Berater*innen, die langjährig geduldete Menschen betreuen bzw. beraten. Sie wurde bewusst praxisorientiert gestaltet und enthält zahlreiche konkrete Tipps für die Beratungspraxis.
    Auch hier gilt: Die Arbeitshilfen ersetzen keine fachkundige Beratung!

    Antragsmuster / Mustervorlagen

    Der Flüchtlingsrat Thüringen hat ein Antragsmuster für den Antrag auf Erteilung eines Aufenthalts nach § 25b vorformuliert. Das Muster ist entsprechend auf  Thüringen ausgerichtet und muss in den Formulierungen für die Nutzung in anderen Bundesländern angepasst werden. Es bietet aber eine gute Orientierung, wie ein solcher Antrag aufgebaut ist:

    … und weitere informative Links

        Um sich zu informieren, lohnt sich auch mal ein Blick auf den Gesetzestext im Original:

        §25b

        § 25b – Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration

        (1) 1Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. 2Dies setzt regelmäßig voraus, dass der Ausländer

        1. sich seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem minderjährigen ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat,
        2. sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt,
        3. seinen Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit sichert oder bei der Betrachtung der bisherigen Schul-, Ausbildungs-, Einkommens- sowie der familiären Lebenssituation zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt im Sinne von § 2 Absatz 3 sichern wird, wobei der Bezug von Wohngeld unschädlich ist,
        4. über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt und
        5. bei Kindern im schulpflichtigen Alter deren tatsächlichen Schulbesuch nachweist.

        3Ein vorübergehender Bezug von Sozialleistungen ist für die Lebensunterhaltssicherung in der Regel unschädlich bei

        1. Studierenden an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule sowie Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
        2. Familien mit minderjährigen Kindern, die vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
        3. Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist oder
        4. Ausländern, die pflegebedürftige nahe Angehörige pflegen.

        (2) Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 ist zu versagen, wenn

        1. der Ausländer die Aufenthaltsbeendigung durch vorsätzlich falsche Angaben, durch Täuschung über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder Nichterfüllung zumutbarer Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen verhindert oder verzögert oder
        2. ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 und 2 besteht.

        (3) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 3 und 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

        (4) 1Dem Ehegatten, dem Lebenspartner und minderjährigen ledigen Kindern, die mit einem Begünstigten nach Absatz 1 in familiärer Lebensgemeinschaft leben, soll unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 bis 5 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. 2Die Absätze 2, 3 und 5 finden Anwendung. 3§ 31 gilt entsprechend.

        (5) 1Die Aufenthaltserlaubnis wird abweichend von § 26 Absatz 1 Satz 1 längstens für zwei Jahre erteilt und verlängert. 2Sie kann abweichend von § 10 Absatz 3 Satz 2 erteilt werden. 3§ 25a bleibt unberührt.

        (6) Einem Ausländer, seinem Ehegatten oder seinem Lebenspartner und in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden minderjährigen ledigen Kindern, die seit 30 Monaten im Besitz einer Duldung nach § 60d sind, soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 abweichend von der in Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannten Frist erteilt werden, wenn die Voraussetzungen nach § 60d erfüllt sind und der Ausländer über hinreichende mündliche deutsche Sprachkenntnisse verfügt; bestand die Möglichkeit des Besuchs eines Integrationskurses, setzt die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zudem voraus, dass der Ausländer, sein Ehegatte oder sein Lebenspartner über hinreichende schriftliche Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.

        Fassung aufgrund des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes vom 15.08.2019 (BGBl. I S. 1307), in Kraft getreten am 01.03.2020. (Quelle: www.dejure.org)