§60d Aufenthaltsgesetz

Über ­die ­Be­schäfti­gungs­­­duldung ­zum ­Bleiberecht.

Die sogenannte Beschäftigungsduldung ist eine relativ neu eröffnete Perspektive, aus einer Duldung heraus in Deutschland Fuß zu fassen. Sie besteht seit Anfang 2020 und ist in §60d AufenthG geregelt. Die Beschäftigungsduldung richtet sich an Menschen mit einer Duldung, die einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen und eine Reihe weiterer Bedingungen erfüllen.

Aber gleich vorneweg: Es sind relativ hohe Voraussetzungen, die an die Erteilung der Beschäftigungsduldung gebunden sind, so dass sie für viele gar nicht erst in Frage kommt. So muss beispielsweise die Einreise vor dem 1. August 2018 erfolgt sein und die Identität muss in Abhängigkeit vom genauen Einreisedatum innerhalb bestimmter Fristen geklärt worden sein. Wenn diese Fristen nicht eingehalten wurden oder trotz ausreichender Bemühungen die Identität nicht geklärt werden konnte, liegt es alleine im Ermessen der Ausländerbehörde, eine Beschäftigungsduldung zu erteilen. Außerdem muss man seit mindestens 12 Monaten im Besitz einer Duldung sein, seit mindestens 18 Monaten mit 35 oder mehr Stunden pro Woche arbeiten und sowohl zum Zeitpunkt der Antragsstellung als auch die zurückliegenden 12 Monate seinen eigenen Lebensunterhalt selbst sichern bzw. gesichert haben. Es müssen auch hinreichende Deutschkenntnisse vorliegen, es dürfen keine Straftaten vorliegen und als Familie sind nochmal mehr und andere Bedingungen damit verknüpft. Zeitlich ist die Beantragung einer Beschäftigungsduldung bis zum 31.12.2023 befristet.

Wer es schafft, sämtliche Voraussetzungen zu erfüllen, erhält dann aber in der Regel für einen Zeitraum von 30 Monaten (also 2,5 Jahre) eine Beschäftigungsduldung und ist damit auch vor einer Abschiebung geschützt.

Werden nach diesen 2 ½ Jahren immer noch sämtliche Bedingungen erfüllt, soll eine Aufenthaltserlaubnis nach §25b Abs. 6 AufenthG erteilt werden, auch wenn die dort verlangten Voraufenthaltszeiten (8 bzw. 6 Jahre) noch nicht erreicht worden sind. Während im Anschluss an eine Ausbildungsduldung ein Anspruch auf eine solche Aufenthaltserlaubnis besteht, gilt dies für die Beschäftigungsduldung zwar in der Regel, jedoch nicht zwingend. Wer es jedoch schafft, all diese Hürden zu nehmen, bekommt ein Bleiberecht!

Alles in allem ist es also nicht einfach, eine Beschäftigungsduldung zu erhalten und darüber auch noch zu einer Bleibeperspektive zu kommen. Dennoch ist es lohnend, sich gut zu informieren und eingehend beraten zu lassen, um seine diesbezüglichen Chancen einschätzen zu können: Je nach persönlicher Situation ist die Beschäftigungsduldung dennoch ein Weg zum Bleiberecht.

Sedu Barry erklärt auf Youtube was es mit der Beschäftigungsduldung auf sich hat und wie man dazu kommt.  (8:22 Min | September, 2020)

Materialien & Links:

Mehrsprachige Infos

  • Kann ich eine Beschäftigungsduldung bekommen?
    Bis wann muss meine Identität geklärt werden?
    Bekommt meine hier lebende Familie auch eine Duldung?
    Was passiert, wenn ein Familienmitglied straffällig geworden ist?
    Wie lange gilt die Beschäftigungsduldung?
    Kann ich später eine Aufenthaltserlaubnis bekommen?
    Kann ich die Beschäftigungsduldung wieder verlieren?
    Kann mich mit einer Beschäftigungsduldung meinen Job wechseln?
    Kann ich von der Ausbildungsduldung direkt in die Beschäftigungsduldung wechseln?
    Wo und wie beantrage ich die Beschäftigungsduldung?
    Welche Rechte habe ich mit einer Beschäftigungsduldung?
    Kann ich mit der Beschäftigungsduldung ins Ausland reisen?
    Was tun, wenn mein Antrag auf Beschäftigungsduldung abgelehnt wird?
    Ich erfülle die Voraussetzungen für eine Beschäftigungsduldung nicht. Was kann ich tun?
    Wo bekomme ich Beratung & Unterstützung?

    Auf jede dieser Fragen findet man kurze und gut verständliche Antworten auf der Webseite von handbook germany in sieben verschiedenen Sprachen.

  • Recht praktisch erklärt: Duldung bei Beschäftigung – alias Beschäftigungsduldung. Infoblatt (2 Seiten). Bridge – Berliner Netzwerke für Bleiberecht, Okt. 2019.
    Kurzes, übersichtliches ‚Factsheet‘ zur Beschäftigungsduldung in drei Sprachen. Mit den Eckdaten zum Gesetzesparagraphen, seinem Ziel und seinen Auswirkungen und sowie Antworten auf die Fragen ‚Wer bekommt eine Beschäftigungsduldung?‘ und ‚Was ist wichtig für die Beratung? / Was sind die rechtlichen Details und praktischen Wirkungen?‘

Einführende Informationen

  • Die Beschäftigungsduldung nach § 60d AufenthG. Erklärvideo (13:20 Min.). Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt, Projekt ‚Right of Residence‘, Oktober 2020.
    Wer lieber zuhört als liest kann sich hier aus der Online-Workshop-Reihe „Wege zu einem sicheren Aufenthalt ohne Asyl“ des Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt auch über dieses gesprochene Erklärvideo über die Beschäftigungsduldung informieren.
  • NUiF erklärt: Die Beschäftigungsduldung § 60d. Grafisch animiertes Erklärvideo auf Youtube (4:25 Min.). NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge der DIHK, März 2020.
  • Kurzübersicht Beschäftigungsduldung: Wer kann die Beschäftigungsduldung beantragen? Infopapier (9 Seiten). NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge der DIHK, März 2020.
    In der 9-seitigen Broschüre werden auf die grundlegenden Fragen im Zusammenhang mit der Beschäftigungsduldung eingegangen. Sie informiert darüber, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wie der Antrag abläuft, wie die Zeit der Beschäftigungsduldung abläuft und wie es danach weitergeht.

Kurzinfoblätter & Factsheets

  • Soziale Rechte für Flüchtlinge. (Teil 1, Kap.3: Die Beschäftigungsduldung). Arbeitshilfe (Auszug S.23+24). Paritätischer Gesamtverband, 3. Aufl. Januar 2020.
    Die umfangreiche Arbeitshilfe hat eigentlich zum Ziel, einen Überblick über die komplexen Regelungen und die konkrete Ausgestaltung der sozialen Rechte geflüchteter Menschen in Deutschland zu geben. Darin enthalten ist aber auf zwei Seiten auch eine gute, kompakte Zusammenfassung der gesetzlichen Regelungen zur Beschäftigungsduldung. Am Gesetzestext des § 60d entlang werden in aller Kürze und gut nachvollziehbar die gesetzlichen Voraussetzungen und Regelungen der Beschäftigungsduldung beschrieben.
  • FAQ zur Beschäftigungsduldung gemäß § 60d AufenthG. Handreichung (9 Seiten). Flüchtlingsrat Niedersachsen, April/Mai 2020.
    Eines von vier Factsheets aus der Reihe ‚FAQ (Frequently Asked  Questions)‘  zu den verschiedenen  Duldungsformen. Das Sheet enthält zahlreiche Fragen, welche mit Bezug auf genaue Gesetzesangaben beantwortet werden. Es will insofern als ‚Lesehilfe‘ bei der Lektüre des Gesetzeswortlauts dienen. Die Herausgeber:innen empfehlen daher auch, das Factsheet gleich parallel zu den entsprechenden Gesetzesvorschriften und ggf. vorhandenen detaillierteren Quellen zu lesen.
  • Online-Übersicht häufig gestellter Fragen (‚FAQ‘) zur Beschäftigungsduldung.
    Was ist die Beschäftigungsduldung?

    Seit wann gibt es die Beschäftigungsduldung?
    Wie lange gilt die Beschäftigungsduldung??
    Wer kann die Beschäftigungssduldung beantragen und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
    Wo und wie muss die Beschäftigungsduldung beantragt werden?
    Wann endet die Beschäftigungsduldung?
    Gibt es die Möglichkeit, von einer Ausbildungsduldung direkt in die Beschäftigungsduldung zu wechseln?
    Was hat es mit der Mitteilungspflicht auf sich?
    Kurze informative Antworten zu jeder dieser Frage findet sich in dieser Online-Übersicht des NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge der DIHK.
  • Die Beschäftigungsduldung – Der Weg Schritt für Schritt. Anschauliche Infografik des NETZWERK Unternehmen intergrieren Flüchtlinge, März 2020.

Vertiefende Informationen für die Beratung

Wie immer gilt: Die Arbeitshilfen ersetzen keine fachkundige Beratung!

Antragsmuster / Mustervorlagen

  • Der Thüringer Flüchtlingsrat hat ein Musterschreiben einer Beantragung der Beschäftigungsduldung online gestellt. Es richtet sich an die Behörden und die Situation in Thüringen, kann aber zur Orientierung genutzt werden und ggf. an das eigene Bundesland angepasst werden. (Eine fachliche Beratung hierzu wird angeraten.)
Um sich zu informieren, lohnt sich auch mal ein Blick auf den Gesetzestext im Original:

§60d

§ 60d – Beschäftigungsduldung

(1) Einem ausreisepflichtigen Ausländer und seinem Ehegatten oder seinem Lebenspartner, die bis zum 1. August 2018 in das Bundesgebiet eingereist sind, ist in der Regel eine Duldung nach § 60a Absatz 2 Satz 3 für 30 Monate zu erteilen, wenn

  1. ihre Identitäten geklärt sind
    a) bei Einreise in das Bundesgebiet bis zum 31. Dezember 2016 und am 1. Januar 2020 vorliegenden Beschäftigungsverhältnis nach Absatz 1 Nummer 3 bis zur Beantragung der Beschäftigungsduldung oder
    b) bei Einreise in das Bundesgebiet bis zum 31. Dezember 2016 und am 1. Januar 2020 nicht vorliegenden Beschäftigungsverhältnis nach Absatz 1 Nummer 3 bis zum 30. Juni 2020 oder
    c) bei Einreise in das Bundesgebiet zwischen dem 1. Januar 2017 und dem 1. August 2018 spätestens bis zum 30. Juni 2020;
    die Frist gilt als gewahrt, wenn der Ausländer und sein Ehegatte oder sein Lebenspartner innerhalb der in den Buchstaben a bis c genannten Frist alle erforderlichen und ihnen zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen haben und die Identitäten erst nach dieser Frist geklärt werden können, ohne dass sie dies zu vertreten haben,
  2. der ausreisepflichtige Ausländer seit mindestens zwölf Monaten im Besitz einer Duldung ist,
  3. der ausreisepflichtige Ausländer seit mindestens 18 Monaten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von mindestens 35 Stunden pro Woche ausübt; bei Alleinerziehenden gilt eine regelmäßige Arbeitszeit von mindestens 20 Stunden pro Woche,
  4. der Lebensunterhalt des ausreisepflichtigen Ausländers innerhalb der letzten zwölf Monate vor Beantragung der Beschäftigungsduldung durch seine Beschäftigung gesichert war,
  5. der Lebensunterhalt des ausreisepflichtigen Ausländers durch seine Beschäftigung gesichert ist,
  6. der ausreisepflichtige Ausländer über hinreichende mündliche Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
  7. der ausreisepflichtige Ausländer und sein Ehegatte oder sein Lebenspartner nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Verurteilungen im Sinne von § 32 Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe a des Bundeszentralregistergesetzes wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben,
  8. der ausreisepflichtige Ausländer und sein Ehegatte oder sein Lebenspartner keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen haben und diese auch nicht unterstützen,
  9. gegen den Ausländer keine Ausweisungsverfügung und keine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht,
  10. für die in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden minderjährigen ledigen Kinder im schulpflichtigen Alter deren tatsächlicher Schulbesuch nachgewiesen wird und bei den Kindern keiner der in § 54 Absatz 2 Nummer 1 bis 2 genannten Fälle vorliegt und die Kinder nicht wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes rechtskräftig verurteilt worden sind, und
  11. der ausreisepflichtige Ausländer und sein Ehegatte oder sein Lebenspartner einen Integrationskurs, soweit sie zu einer Teilnahme verpflichtet wurden, erfolgreich abgeschlossen haben oder den Abbruch nicht zu vertreten haben.

(2) Den in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden minderjährigen ledigen Kindern des Ausländers ist die Duldung für den gleichen Aufenthaltszeitraum zu erteilen.

(3) 1Die nach Absatz 1 erteilte Duldung wird widerrufen, wenn eine der in Absatz 1 Nummer 1 bis 10 genannten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt ist. 2Bei Absatz 1 Nummer 3 und 4 bleiben kurzfristige Unterbrechungen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, unberücksichtigt. 3Wird das Beschäftigungsverhältnis beendet, ist der Arbeitgeber verpflichtet, dies unter Angabe des Zeitpunkts der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, des Namens, Vornamens und der Staatsangehörigkeit des Ausländers innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis der zuständigen Ausländerbehörde schriftlich oder elektronisch mitzuteilen. 4§ 82 Absatz 6 gilt entsprechend.

(4) Eine Duldung nach Absatz 1 kann unbeachtlich des Absatzes 1 Nummer 1 erteilt werden, wenn der Ausländer die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen hat.

(5) § 60a bleibt im Übrigen unberührt.

Vorschrift eingefügt durch das Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung vom 08.07.2019 (BGBl. I S. 1021), in Kraft getreten am 01.01.2020. (Quelle: www.dejure.org)