§60b Aufenthaltsgesetz

Duldung ­für Personen ­mit ­ungeklärter ­Identität ­
(»Duldung light«).

Im August 2019 wurde mit dem sogenannten Migrationspaket eine neue Form der Duldung eingeführt, welche die Lebenssituation der Betroffenen weiter verschärft: Gemeint ist die Duldung für Personen mit ungeklärter Identität. Bekannt ist die neue Duldungsform nach § 60b AufenthG auch als „Duldung light“. Der Gesetzgeber bezweckt damit ausreisepflichtige Personen, die bei der Identitätsklärung oder der Passbeschaffung nicht ausreichend mitwirken, noch stärker zu sanktionieren. Anders als der Name impliziert, können von dieser Duldung also auch Personen mit geklärter Identität betroffen sein, beispielsweise Menschen mit abgelaufenem Pass: Ihre Identität gilt zwar als geklärt, aber es wird ihnen vorgeworfen, ihrer Passbeschaffungspflicht nicht nachzukommen.

Für Menschen, die diesen Mitwirkungspflichten nicht nachkommen und eine „Duldung light“ erhalten, entstehen so nochmal erheblich mehr Nachteile als ohnehin schon. Der Status wirkt nicht nur stigmatisierend, sondern hat auch scharfe rechtliche Konsequenzen: Leistungskürzungen, Arbeitsverbot sowie eine Wohnsitzauflage sind die Sanktionsmittel, die hier eingesetzt werden. Betroffene werden damit – drastisch spürbar – sozial und wirtschaftlich ausgegrenzt. Wenn der Aufforderung zu konkreten Passbeschaffungshandlungen nicht nachgekommen wird, kann dies auch als eine Ordnungswidrigkeit geahndet und entsprechend eine Geldbuße auferlegt werden. Außerdem kann die Verletzung der Passbeschaffungspflicht sogar als Anhaltspunkt für Fluchtgefahr genommen werden. Im schlechtesten Fall droht dann eine Inhaftierung zum Zweck der Identitätsklärung und Abschiebung.

Auch mit Blick auf die Wege zu einem Bleiberecht sind die Auswirkungen einer „Duldung light“ gravierend: Egal ob aus einer Duldung heraus die Bleiberechtsregelung für Jugendliche / junge Erwachsene (§25a), die altersunabhängige Bleiberechtsregelung (§25b), eine Ausbildungsduldung oder eine Beschäftigungsduldung angestrebt wird: Immer kommt es auch darauf an wie lange die Person bereits über eine Duldung verfügt (Vorduldungszeit). Und hierbei gilt, dass die Zeiten die man mit einer „Duldung light“ in Deutschland ist, nicht angerechnet werden. Damit wird der Weg in ein Bleiberecht deutlich erschwert.

Es ist daher hilfreich, über die Duldung für Personen mit ungeklärter Identität Bescheid zu wissen. Aber auch über das Thema Mitwirkungspflichten und die Möglichkeiten der Identitätsklärung im Rahmen der Mitwirkungspflichten ohne Passbeschaffung sollte man in diesem Zusammenhang möglichst gut informiert sein.

Materialien & Links:

Mehrsprachige Infos

  • Recht praktisch erklärt: Duldung mit ungeklärter Identität alias Duldung light. Infoblatt (2 Seiten). Bridge –Berliner Netzwerke für Bleiberecht, Okt. 2019.
    Kurzes, übersichtliches ‚Factsheet‘ zur ‚Duldung Light‘ in drei Sprachen. Mit den Eckdaten zum Gesetzesparagraphen, seinem Ziel und seinen Auswirkungen und sowie Antworten auf die Fragen ‚Wenn betrifft es?‘ und ‚Was ist wichtig in der Beratung?‘
    Arabisch-عربىDeutsch | Farsi-فارسی

Mehr über »Duldung light«

 

Um sich zu informieren, lohnt sich auch mal ein Blick auf den Gesetzestext im Original:

§60b

§ 60b – Duldung für Personen mit ungeklärter Identität

(1) 1Einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer wird die Duldung im Sinne des § 60a als „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität“ erteilt, wenn die Abschiebung aus von ihm selbst zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, weil er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt oder er zumutbare Handlungen zur Erfüllung der besonderen Passbeschaffungspflicht nach Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 nicht vornimmt. 2Dem Ausländer ist die Bescheinigung über die Duldung nach § 60a Absatz 4 mit dem Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ auszustellen.

(2) 1Besitzt der vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer keinen gültigen Pass oder Passersatz, ist er unbeschadet des § 3 verpflichtet, alle ihm unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zumutbaren Handlungen zur Beschaffung eines Passes oder Passersatzes selbst vorzunehmen. 2Dies gilt nicht für Ausländer ab der Stellung eines Asylantrages (§ 13 des Asylgesetzes) oder eines Asylgesuches (§ 18 des Asylgesetzes) bis zur rechtskräftigen Ablehnung des Asylantrages sowie für Ausländer, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt, es sei denn, das Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 7 beruht allein auf gesundheitlichen Gründen.

(3) 1Im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 ist dem Ausländer regelmäßig zumutbar,

  1. in der den Bestimmungen des deutschen Passrechts, insbesondere den §§ 6 und 15 des Passgesetzes in der jeweils geltenden Fassung, entsprechenden Weise an der Ausstellung oder Verlängerung mitzuwirken und die Behandlung eines Antrages durch die Behörden des Herkunftsstaates nach dem Recht des Herkunftsstaates zu dulden, sofern dies nicht zu einer unzumutbaren Härte führt,
  2. bei Behörden des Herkunftsstaates persönlich vorzusprechen, an Anhörungen teilzunehmen, Lichtbilder nach Anforderung anzufertigen und Fingerabdrücke abzugeben, nach der Rechts- und Verwaltungspraxis des Herkunftsstaates erforderliche Angaben oder Erklärungen abzugeben oder sonstige nach der dortigen Rechts- und Verwaltungspraxis erforderliche Handlungen vorzunehmen, soweit dies nicht unzumutbar ist,
  3. eine Erklärung gegenüber den Behörden des Herkunftsstaates, aus dem Bundesgebiet freiwillig im Rahmen seiner rechtlichen Verpflichtung nach dem deutschen Recht auszureisen, abzugeben, sofern hiervon die Ausstellung des Reisedokumentes abhängig gemacht wird,
  4. sofern hiervon die Ausstellung des Reisedokumentes abhängig gemacht wird, zu erklären, die Wehrpflicht zu erfüllen, sofern die Erfüllung der Wehrpflicht nicht aus zwingenden Gründen unzumutbar ist, und andere zumutbare staatsbürgerliche Pflichten zu erfüllen,
  5. die vom Herkunftsstaat für die behördlichen Passbeschaffungsmaßnahmen allgemein festgelegten Gebühren zu zahlen, sofern es nicht für ihn unzumutbar ist und
  6. erneut um die Ausstellung des Passes oder Passersatzes im Rahmen des Zumutbaren nachzusuchen und die Handlungen nach den Nummern 1 bis 5 vorzunehmen, sofern auf Grund einer Änderung der Sach- und Rechtslage mit der Ausstellung des Passes oder Passersatzes durch die Behörden des Herkunftsstaates mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gerechnet werden kann und die Ausländerbehörde ihn zur erneuten Vornahme der Handlungen auffordert.

2Der Ausländer ist auf diese Pflichten hinzuweisen. 3Sie gelten als erfüllt, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er die Handlungen nach Satz 1 vorgenommen hat. 4Weist die Ausländerbehörde den Ausländer darauf hin, dass seine bisherigen Darlegungen und Nachweise zur Glaubhaftmachung der Erfüllung einer bestimmten Handlung oder mehrerer bestimmter Handlungen nach Satz 1 nicht ausreichen, kann die Ausländerbehörde ihn mit Fristsetzung dazu auffordern, die Vornahme der Handlungen nach Satz 1 durch Erklärung an Eides statt glaubhaft zu machen. 5Die Ausländerbehörde ist hierzu zuständige Behörde im Sinne des § 156 des Strafgesetzbuches.

(4) 1Hat der Ausländer die zumutbaren Handlungen nach Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 unterlassen, kann er diese jederzeit nachholen. 2In diesem Fall ist die Verletzung der Mitwirkungspflicht geheilt und dem Ausländer die Bescheinigung über die Duldung nach § 60a Absatz 4 ohne den Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ auszustellen. 3Absatz 5 Satz 1 bleibt unberührt.

(5) 1Die Zeiten, in denen dem Ausländer die Duldung mit dem Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ ausgestellt worden ist, werden nicht als Vorduldungszeiten angerechnet. 2Dem Inhaber einer Duldung mit dem Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden. 3Er unterliegt einer Wohnsitzauflage nach § 61 Absatz 1d.

(6) § 84 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Absatz 2 Satz 1 und 3 findet Anwendung.

Vorschrift eingefügt durch das Zweite Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 15.08.2019 (BGBl. I S. 1294), in Kraft getreten am 21.08.2019. (Quelle: www.dejure.org)